BERICHT VON ZWEI FREIWILLIGEN HELFERINNEN - BANICHAN, BULGARIEN (MAI 2023)

13 Juni 2023

Zum zweiten Mal durften wir uns als freiwillige Helferinnen in Banichan engagieren und das Team aus Bulgarien bei ihren täglichen Arbeiten sowie bei einem 17-tägigen Kastrationsprojekt unterstützen.

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Als Patinnen von zwei Eseln geniessen wir es natürlich sehr, im Tal der Esel wohnen zu dürfen und nach der Arbeit im Kastrationsprojekt viel Zeit mit den Langohren zu verbringen. Es ist unglaublich schön und beeindruckend, wie zutraulich, verschmust, neugierig und verspielt die meisten der 63 Esel und Maria, das Maultier, sind.

Als wir vor einem Jahr zum ersten Mal im Tal der Esel waren, war Mutte erst vor kurzem zur Herde gestossen (siehe Beitrag vom 10. Mai 2022). Er machte uns damals noch einen etwas verlorenen Eindruck und stand immer abseits, genoss es aber sehr, gestreichelt und gestriegelt zu werden. Mittlerweile ist er komplett in die Herde integriert und geniesst sein neues Leben und den verdienten Ruhestand. Als Eselhalterinnen und -liebhaberinnen geht uns jedes Mal das Herz auf, wenn wir das Tal der Esel betreten.

Als wir letztes Jahr zum ersten Mal nach Bulgarien reisten, haben wir uns bewusst Zeit gelassen und sind mit dem Auto ins Tal der Esel nach Banichan gereist. Wir wollten sehen und spüren, wie das Leben für die Tiere und Menschen im Balkan ist. Der Umgang mit den Tieren, das Wissen über deren Bedürfnisse und Haltung und die Liebe zu den Tieren lässt sich in allen Ländern, die wir bereist haben, nicht vergleichen mit dem, was wir in der Schweiz unter Tierhaltung oder Tierliebe verstehen. So haben wir zum Beispiel keinen einzigen Esel getroffen, der nicht in Einzelhaltung lebte, was in der Schweiz schon lange gesetzlich verboten ist. Meist sieht man sie alleine, mit einem Strick um das Vorderbein, auf einer Wiese stehen, übersät von lästigen Fliegen. Die wenigen Ställe, die wir zu sehen bekamen, waren enge, dunkle Pferche, ganz und gar nicht zu vergleichen mit unseren Standards. Ebenfalls waren sehr viele Esel, die wir trafen, in schlechter gesundheitlicher Verfassung. Sie hatten Wunden oder Druckstellen vom Ziehen oder Tragen, meist viel zu lange Hufe und oft schlechte Zähne. Das bricht einem Tierliebhaber und Eselfreund jedes Mal das Herz!

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Esel sind bekannt dafür, viel zu erdulden, sie zeigen kaum Schmerzen. Wir finden aber, dass man einem Esel ansieht, ob er «glücklich» ist oder nicht. Unglückliche Esel haben einen matten, traurigen Blick. Im Tal der Esel haben alle Esel einen wachen, klaren Blick, jeder Einzelne hier scheint glücklich. Sie alle dürfen ihre letzten Jahre und den verdienten Ruhestand im Tal verbringen, in schönen grossen Ställen und auf riesigen Weiden.

Seit dem Einzug der ersten pensionierten Arbeitsesel wurden über 180 Esel aufgenommen. Das Tal der Esel bietet Platz für maximal 65 Esel. Während unserem Aufenthalt durfte Arkan über die Regenbogenbrücke gehen, er legte sich an einem sonnigen Frühlingstag zum letzten Mal auf die Weide und schloss für immer seine Augen. Es war ein friedlicher Anblick. Wir schmückten Arkan mit Blumen und erwiesen ihm so eine letzte Ehre, dankbar, mit ihm die Tage zuvor noch Zeit verbracht und ihn liebkost und gestriegelt zu haben.

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Im Kastrationsprojekt unterstützten wir die zwei Tierärzte Konstantin und Stojan bei der Verabreichung der Narkose. Danach wurden die Tiere durch uns für die Kastration rasiert, für die Operation gelagert, desinfiziert und registriert. Nach der Operation brachten wir die Tiere wieder in ihre Box zurück, welche in der Zwischenzeit durch uns gereinigt worden war. Auch das Überwachen der Tiere nach der Operation gehörte zu unseren Aufgaben.

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Die Tiere blieben nach der Kastration so lange in der Praxis, bis sie wieder komplett wach und reaktionsfähig waren. Später wurden sie dann am gleichen Ort wieder frei gelassen, an welchem sie eingefangen worden waren.

Vor dem Projekt werden jeweils Flyer aufgehängt und es wird über soziale Medien zur kostenlosen Kastration von Streunern aufgerufen.

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Wir teilten uns meistens auf und begleiten und unterstützten auch das «Einfangteam». Das Einfangen der Katzen und Hunde brauchte viel Zeit und Geduld und es war leider längst nicht möglich, alle Strassentiere einzufangen. Auch die täglichen Gespräche und Aufklärungen mit der Bevölkerung, welche oft kein Verständnis für die Notwendigkeit der Kastrationen hatte, empfanden wir als sehr frustrierend und zermürbend.

Viele Menschen im Osten Europas sind arm, ihre Lebensumstände sind bescheiden und auch ihre medizinische Versorgung ist nicht mit der unseren vergleichbar. Obwohl wir nicht verstehen, dass man mit Tieren so umgehen kann, ist für uns bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, weshalb dem Tierschutz bei der Bevölkerung, der Politik und auch in der Gesetzgebung nur sehr wenig Bedeutung beigemessen wird.

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Umso mehr genossen wir es jeweils, an den Abenden ins Tal der Esel zurückzukehren. Es ist ein märchenhafter Ort, eine wunderbare Oase in Mitten der Natur! Die Nachtigallen singen, die Frösche quaken, es herrscht Friede, Freundlichkeit und Harmonie. Auch das Zusammenleben mit dem Team im traditionellen bulgarischen Steinhaus war unglaublich stimmig und wertschätzend. Wir kochten jeden Abend gemeinsam und tauschten uns aus. Es fühlte sich an, als würden wir uns schon seit vielen Jahren kennen. Dieser freiwillige Einsatz war bestimmt nicht unser letzter…

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Wir haben grössten Respekt für alle Mitarbeiter der Stiftung Tierärzte im Einsatz. Sie engagieren sie sich täglich für den Tierschutz und das Wohl der Tiere und lassen sich nicht entmutigen weiter zu machen. Ganz herzlichen Dank!

Bettina Mark & Marianne Trüb, Winterthur

Von Seiten der Tierärzte im Einsatz möchten wir uns ganz herzlich bei Bettina und Marianne für ihre ausserordentliche Unterstützung bedanken. Da beide in einem medizinischen Beruf arbeiten und engagierte Tierliebhaberinnen sind, ist ihr praktisches und lösungsorientiertes Mitwirken für diese Arbeit äusserst hilfreich und effizient.
Darüber hinaus haben sie zusammen mit unserem Team 2 Wochen lang jeden Tag sehr hart gearbeitet, ohne einen einzigen freien Tag, aber immer mit guter Laune. Es gab keine sprachlichen oder kulturellen Barrieren, sondern nur Liebe und Grosszügigkeit.
Team Tierärzte im Einsatz

Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen